Seit Anfang des Jahres müsse, wer in unseren Dom möchte, fünf Euro Eintritt zahlen. So ist es in der Zeitung und anderswo zu lesen, und diese Nachricht erzeugt viel Unmut. Verständlicherweise. Denn Kirche und Eintrittsgeld ist für Viele unvereinbar: Für Gottes Wort müsse man nicht bezahlen, heißt es, und die Kirche sei kein an Gewinnerzielung orientiertes Unternehmen. Gläubige, betende, schutzsuchende Menschen seien keine Konsumenten, und unsere religiösen Werte seien nicht gegen Geld zu haben. Kaufmännisches Agieren verhindere die Wirkungen religiösen Handelns. Luther habe sich gegen den Ablasshandel gewehrt, wie könne eine protestantische Kirche Geld von Menschen nehmen, die in das Gotteshaus wollen? Wenn selbst die Kirche Geld nimmt, so gebe es gar keine Sphäre mehr, die nicht vom wirtschaftlichen Handeln und Denken durchdrungen, geprägt oder dominiert werde. Mit Unverständnis fragen Menschen, wie es sein könne, dass eine Kirche, die vorgebe, Menschen die gute Nachricht von Jesus Christus näherbringen zu wollen, die sich bemühe, in einem stark säkularisierten Umfeld Menschen zum Besuch des Gottesdienstes zu bewegen, von diesen ein Eintrittsgeld verlangt. Wie passe all das zu der Tatsache, dass der Dom über viele Jahre mit öffentlichen Geldern unterstützt wurde?

Diese Argumente wiegen schwer, sehr schwer sogar. Sie lassen sich nicht einfach beiseite fegen, und sie wurden im Vorfeld der Entscheidung auch nicht ignoriert. Niemand, auch das Domstift nicht, trifft so eine Entscheidung leichten Herzens. Warum hat sich das Domkapitel im April 2013 nach jahrelanger Diskussion dennoch entschieden, ein Eintrittsgeld zu erheben?

Wir wollten und wollen unter allen Umständen, dass der Dom geöffnet bleibt, für Gläubige wie für Ungläubige, für Gottesdienste und Andachten, für den regelmäßigen Besucher wie für Neugierige, die bislang nichts mit dem Dom verbindet. Wir alle kennen Kirchen, die nur zu Gottesdienstzeiten geöffnet sind. Das wollen wir nicht. Den Dom offenzuhalten, erfordert aber auch eine permanente Aufsicht und eine regelmäßige Reinigung - gerade in diesem Jahr. Die Stadt Brandenburg rechnet im Durchschnitt mit täglich 3.000 Besuchern im Schnitt, an Wochenenden sogar mit 8.000, allein aufgrund der BUGA. Wir freuen uns sehr auf die BUGA-Besucher und die, die zum Domjubiläum kommen, aber wir müssen uns auch auf diese große Anzahl von Menschen einstellen. Keiner würde es verstehen, wenn der Dom verschmutzt, verwahrlost, wenn Altäre angefasst oder gar beschädigt würden, wenn Touristengruppen lärmend durch den Dom gingen.

Die notwenige Aufsicht und die regelmäßige (häufig mehrfach tägliche) Reinigung des Doms, des Museums, der Freiflächen und der sanitären Anlagen können weder von den Ehrenamtlichen in unserer Gemeinde, die bereits jetzt Außerordentliches leisten, noch von dem einzigen Hausmeister des Domstifts erledigt werden. Eine Beschäftigung zu arbeits- oder sozialversicherungsrechtlich zweifelhaften Bedingungen kommt für das Domstift nicht in Frage. Diese Arbeiten müssen in professionelle Hände gelegt werden, und das kostet viel Geld. Allein für den Zeitraum des Jubiläums rechnen wir zurzeit mit Kosten in einer Größenordnung zwischen 60.000 und 70.000 Euro. Das Domstift hat dieses Geld nicht. Wir erhalten keinen Anteil an der Kirchensteuer. Die Zuwendungen, die wir in der Vergangenheit erhielten, dienten vor allem der Sanierung des Domes und der anderen, bekanntlich sehr baufälligen Gebäude auf dem Burghof, nicht der Reinigung und der Aufsicht im normalen Betrieb. Zwar haben wir finanzielle Unterstützung für das Jubiläum beantragt, aber wir müssen auch einen Eigenanteil übernehmen. Zu diesem Eigenanteil zählt das Eintrittsgeld.

Wir haben eine große Verpflichtung, den Dom zu erhalten. Der Dom gehört nicht uns. Wir haben ihn von früheren Generationen bekommen, damit wir ihn seiner Bestimmung gerecht werden lassen, ihn also offenhalten, und ihn in einem Zustand erhalten, dass er noch möglichst vielen kommenden Generationen als Gotteshaus dienen kann. Gerade jetzt, da auch das Dominnere saniert ist, müssen wir alles tun, um den Dom zu schützen. Darum und nicht um Gewinnerzielung geht es.

Anders als es in den Medien hieß, muss auch nicht jeder jedes Mal fünf Euro zahlen, wenn er oder sie in den Dom will. Denn der Dom bleibt selbstverständlich weiterhin für alle frei zugänglich, wenn Gottesdienste, Andachten, Vesper, Mittagsgebete und ähnliches gefeiert werden. Das gilt nicht nur für die regulären Gottesdienste, sondern auch für die des AKD, der Schulen, des Kindergarten usw.. Das stand nie zur Diskussion. Eintrittsgeld zahlt also vor allem der, der den Dom oder das Museum besichtigen will. Das Eintrittsgeld ist damit keine Gegenleistung für das, was Menschen spirituell im Dom erfahren, sondern vielmehr eine Unterstützung unseres Bemühens, den Menschen gerade diese Erfahrung zu ermöglichen.

Außerdem: Wer das Eintrittsgeld zahlt, kann nicht nur den Dom, sondern auch das Museum besichtigen, und damit auch die große Jubiläumsausstellung, die Herr Dr. von Schnurbein und sein Team gerade vorbereiten. Allein für eine Ausstellung dieses Formats wird andernorts zehn Euro oder mehr verlangt.

Zum Betrag: Fünf Euro ist zwar der Regelbetrag. Aber es gibt sehr viele Ermäßigungen und Freistellungen: Kinder, Schüler, Auszubildende und Studenten zahlen überhaupt keinen Eintritt. Ebenso wenig die Teilnehmer am freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr oder am Bundesfreiwilligendienst, die Inhaber eines Familienpasses sowie die Bezieher von ALG II. Sie alle kommen weiterhin unentgeltlich in den Dom. Wer eine BUGA-Karte hat, zahlt nur den ermäßigten Eintritt von drei Euro. Gleiches gilt für Senioren und Schwerbehinderte (deren Begleitpersonen zahlen keinen Eintritt). Wer mehr als zwei- oder dreimal im ganzen Jahr in den Dom oder in das Museum (außerhalb von Gottesdiensten und dgl.) gehen möchte, kann eine Jahreskarte für 15 Euro (ermäßigt zehn Euro) kaufen. Die Sommermusiken bleiben eintrittsfrei, genauso wie die gemeinsam von Domgemeinde und Domstift getragenen Veranstaltungen der „Brandenburger Kirchenkatze“. Wegen all dieser Ausnahmen rechnen wir damit, dass der durchschnittliche Eintritt, den wir tatsächlich erzielen werden, nicht fünf Euro, sondern etwa 2,50 Euro betragen wird.

Eintritt für den Besuch von Kirchen wird übrigens auch anderenorts erhoben. Eine kleine Auswahl: Berliner Dom sieben Euro, Merseburger Dom und Naumburger Dom 6,50 Euro, Klöster Jerichow und Chorin 4,50 Euro w– jeweils nur für den Besuch der Kirche oder des Klosters. Wer schon einmal in einer englischen Kirche war, weiß, dass die Preise dort viel höher sind als bei uns.

Trotz der genannten Gründe hat sich kein Mitglied des Domkapitels mit der Entscheidung, ein Eintrittsgeld zu erheben, leicht getan. Soweit ich weiß, gehen die Diskussionen hierzu auf den Anfang des Jahrtausends zurück, wenn sie nicht noch älter sind. Es wurden wohl alle Argumente, die einem einfallen können, wieder und wieder vorgebracht und abgewogen. Das Domkapitel hat sich in mehreren Sitzungen eingehend mit der Eintrittsregelung befasst und eine Arbeitsgruppe extra zu diesem Thema gebildet, in der die Domgemeinde mit ihrem damaligen Pfarrer vertreten war. Schließlich hat das Domkapitel einer Empfehlung der Arbeitsgruppe folgend im April 2013 beschlossen, für Dom und Museum im Jahr 2015 Eintritt zu erheben. Nachdem ich mit Wirkung zum 1. Juli 2014 zum Kurator bestellt worden war, oblag es mir, diese Entscheidung umzusetzen. Hierbei kam es mir sehr darauf an, ein Einvernehmen mit der Domgemeinde zu erzielen, die in der Vergangenheit ein Eintrittsgeld abgelehnt hatte. Dies Einvernehmen konnte hergestellt werden, wofür ich dem GKR der Domgemeinde sehr dankbar bin. Ich habe dem GKR-Vorsitzenden, Herrn Delfs, zugesagt, dass die Domgemeinde an der Evaluierung der Eintrittsregelung am Ende des Jahres 2015 beteiligt wird.

Mir ist bewusst, dass sich nicht jeder, der sich mit diesen Überlegungen auseinandersetzt, von der Notwendigkeit, ein Eintrittsgeld zu erheben, überzeugen lassen wird. Ich wäre aber sehr dankbar, wenn anerkannt wird, dass wir uns so ernsthaft wie möglich bemüht haben, eine angemessene Antwort auf die Frage zu finden, wie wir als die für den Dom Verantwortlichen das Ziel, den Dom offenzuhalten, finanzieren sollen. Dass dieses Thema viele Menschen bewegt, besonders solche, die dem Dom nahestehen, verstehe ich sehr gut. Es ist mir aber wichtig, dass wir uns gleichwohl und vor allem über die Rettung und Sanierung des Doms, der unsere gemeinsame geistliche Heimat und einer unserer Orientierungspunkte im Leben ist, von Herzen freuen und in diesem Sinne das in Kürze anstehende Jubiläum auch gemeinsam feiern.

 

Dr. Cord-Georg Hasselmann, Kurator des Domstifts